Enzyklopadie des Eisenbahnwesens

RÄDERPRESSEN

Räderpressen(wheel press; presse à caler les roues; torchio per ruote),Arbeitsmaschinen zum Aufpressen der Räder von Eisenbahnfahrzeugen auf die Achsen und Abpressen von den Achsen.

Die Räder der Eisenbahnfahrzeuge müssen in einer bestimmten Entfernung voneinander in unverrückbarer Lage auf ihrer Achse befestigt sein.

Die §§ 70 und 74 der technischen Vereinbarungen über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupteisenbahnen des VDEV. (Berlin 1889) bestimmen: Der lichte Abstand zwischen den Rädern einer Achse (innere lichte Entfernung zwischen den beiden Radreifen) muß im regelrechten Zustand 1∙36mbetragen. Eine Abweichung bis zu 3mmüber oder unter diesem Maß ist zulässig (§ 70). Die Räder an einer Achse müssen in unverrückbarer Lage gegeneinander festgestellt sein. Räder, die auf den Achsen beweglich sind, und durchschnittene Achsen werden vom durchgehenden Verkehr ausgeschlossen (§ 74).

Ursprünglich erfolgte die Befestigung der Räder auf den Achsen mittels Keilen in entsprechenden Nuten.

Diese Befestigung erwies sich jedoch als nicht zweckmäßig, da einerseits der Druck der Keile schwer bemessen werden konnte und die schmale Keilfläche eine hohe Pressung zu erleiden hatte, anderseits durch die Ausübung von zu hohen Drücken nicht selten ein Sprengen der Radnaben verursachte. Diese Mißstände führten dazu, die Wagenräder und Laufräder der Lokomotiven auf ihren Achsen nur mittels Aufpressens durch besonders eingerichtete Pressen zu befestigen.

Bei den Treib- und Kuppelrädern der Lokomotiven gelangen noch weiterhin Keile zur Verwendung, um einerseits ein Drehen der Räder infolge der Treibkraft zu verhindern, anderseits um die richtige Stellung beim Aufpressen zu sichern.

Bei zylindrischem Radnabensitz wird die Bohrung der Radnabe um ungefähr 0∙5mmkleiner ausgeführt und an ihrem vorderen Ende ein kurzes Stück schwach konisch abgedreht, um eine Führung für das vollkommene zentrische Aufpressen des Rades zu erhalten. Werden die Enden der Achse in der Nabe nicht zylindrisch gemacht, dann wählt man für den Radnabensitz einen Konus von ungefähr 0∙5–0∙7mmAnzug auf ungefähr 250mmLänge, und wird auch in diesem Fall die Radnabenbohrung um ungefähr 0∙5 bis 0∙7mmim Durchmesser kleiner gehalten als die Achse an der entsprechenden Stelle.

Grundsätzlich soll das Aufpressen der Räder mit stets steigendem Druck erfolgen. Die Wagenräder werden mit einem Druck von ungefähr 50.000kg,die Radsterne der Lokomotivräder mit einem solchen von 90.000–100.000kgauf die Achsen aufgepreßt.

Wenngleich für das Aufpressen von Rädern auf ihre Achsen kaum ein höherer Druck als 100.000kgerforderlich erscheint, müssen dennoch die R. für einen höchsten Druck von 150.000–250.000kgausgeführt werden, um das Abpressen der Räder zu ermöglichen.

Die R. sind entwederSchraubenpressen oderhydraulischePressen. Erstere erfordern zwar geringere Anschaffungskosten, haben aber den Nachteil, daß die zur Wirkung gelangende Preßkraft nicht genau gemessen werden kann.

Bei den hydraulischen R. kann mittels eines am Preßzylinder angebrachten Manometers der ausgeübte Druck stets leicht abgelesen werden, was zur sicheren Kontrolle des Festsitzens bei den ohne Anwendung von Keilen auf den Achsen befestigten Rädern von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Auch ist die Bedienung der hydraulischen R. wesentlich billiger.

Insbesondere der erstgenannte Vorteil der hydraulischen R. war es, der die Schraubenpressen fast gänzlich verdrängte; sie finden sich nur noch in älteren Werkstätten.

Die Schraubenpressen bestehen gewöhnlich aus einem starken gußeisernen Ständer, der mit einem entsprechenden Einschnitt versehen ist, indem ein Schlitten mit der wagrecht liegenden Preßmutter mittels einer senkrechten Führungsschraube entsprechend dem Durchmesser der Räder verstellt werden kann, damit die Preßschraube genau in das Mittel der auf- und abzupressenden Achse zu stehen kommt. Die Preßschraube ist mit einem Zahnradvorgelege oder anderweitigem Mechanismus versehen, um mit dieser Preßschraube den nötigen Druck ausüben zu können.

DiehydraulischenR. bestehen im allgemeinen aus einem Preßständer, in dem sich der Preßzylinder samt Preßkolben befindet, dem entsprechenden Gegenhaltstück und einer hydraulischen Pumpe. Mit letzterer wird hoher Wasserdruck zur Bewegung des Preßkolbens erzeugt.


In Abb. 87 a u. b ist eine hydraulische R. mitverstellbarem Preßzylindereinfacher und billiger Bauart, wie solche in Eisenbahnwerkstätten von geringerem Umfang Anwendung finden, dargestellt.

Diese R. besteht aus dem bügelförmigen PreßständerA,dem verstellbaren PreßzylinderA1samt PreßkolbenK,dem Gegenhalt- oder QuerstückBund der hydraulischen PumpeP.

Der Preßzylinder besitzt 2 Schlitze, um mittels zweier Bolzenbdas QuerstückBmit dem Preßzylinder verbinden zu können.

Der Preßzylinder kann mittels des Handradess1und der Spindels,entsprechend dem Halbmesser der auf- oder abzupressenden Lokomotiv-, Tender- oder Wagenräder, in die erforderliche Höhenlage gebracht werden. Wie aus Abb. 87 b zu ersehen, kann dementsprechend auch das GegenhaltstückBmittels einer Spindel in die gleiche Höhenlage eingestellt werden. Das Anstellen und Zurückziehen des Preßkolbens erfolgt mittels des Handkreuzesh,des Zahngetriebestund der Zahnstangez.

Diese R. wird auch als transportable R. ausgeführt, in welchem Fall der Preßständer fahrbar angeordnet wird.

Die hydraulische Pumpe wird je nach Bedarf für Hand- oder Transmissionsbetrieb ausgeführt.

Da die Handhabung der Pressen mit losen Ankerteilen umständlich und zeitraubend ist, werden in größeren Werkstätten solche mit 3 festen Ständern oder 2 festen und einem beweglichen Mittelständer angewendet.

In Abb. 88 a u. b ist eine R. mit 3 festen Ständern dargestellt, die zum Auf- und Abpressen von Wagenrädern dient.Aist der Preßständer,Bder beim Abpressen undCder beim Aufpressen in Anwendung kommende Mittel- bzw. Endständer,uundosind Anker, die die 3 Ständer zu einem starren Ganzen verbinden. Das bewegliche Aufsatzstückbkommt beim Aufpressen der Räder in Anwendung.Rist ein Hilfszylinder mit Hilfskolben, um das rasche Anstellen und Zurückziehen des PreßkolbensKauf hydraulischem Weg ausführen zu können.Sist das Absperrventilgehäuse. Die hydraulische Pumpe ist inPdargestellt.


R. nach amerikanischem System erhalten einen festen Preßständer und einen beweglichen Mittelständer; beide sind mittels starker durchlochter Ankerschienen verbunden. Die Stellung des Mittelständers für die verschiedenartig vorkommenden Achslängen wird durch vorgesteckte Keile bestimmt.


Die Abb. 89 a, b u. c zeigen eine solche Presse für Lokomotivräder bis zu 2mDurchmesser, die auch für Wagen- und Tenderräder verwendet werden kann.

Aist der Preßständer,Bder bewegliche Mittelständer,C(in den punktierten Umrissen) der Gegenständer, der nur zur Unterstützung der oberen Ankerschiene dient. BeiC1ist dieser Gegenständer als Kranständer ausgebildet und mit einem hydraulischen KranNzum Ein- und Ausheben der Räder versehen,oundusind die beiden Ankerschienen,Pist eine doppelte Preßpumpe,Rdie Einrichtung zum raschen Anstellen und Zurückziehen des PreßkolbensKvon Hand aus, ähnlich wie bei der in Abb. 87 a u. b dargestellten R. Aus Abb. 90 mit dem Durchschnitt des Preßständers ist nebst der Dichtungsart des PreßkolbensKdiese Einrichtung im einzelnen ersichtlich. Die im Ständer abgedichtete KolbenverlängerungK1trägt die ZahnstangeZ,die mittels Getriebes und Handkreuzes verschoben werden kann. Der KolbenKübernimmt beim Anstellen die Funktion eines Saugkolbens.

Die Einrichtung für das rasche Anstellen und Zurückziehen des Kolbens aufhydraulischemWeg ist aus Abb. 91 ersichtlich. Der PreßkolbenRträgt eine als doppeltwirkender Kolben ausgebildete VerlängerungK1. Dieser Kolben ist in dem gegen den Preßständer abgedichteten GehäuseRdurch getrennte Druckwasserleitung verschiebbar und wird mit Hilfe eines Verteilungsschiebers nach vor- oder rückwärts bewegt. Am StänderA(s. Abb. 89 b) ist das Absperrventilgehäuse (Sperrkopf)sangebracht, das die Zuleitung des Druckwassers nach dem Preßkolben, dem hydraulischen Kran oder der Anstellvorrichtung ermöglicht. Auf dem Ventilgehäuses wird ein Hydraulikmanometer, häufig noch ein Kontrollmanometer mit Einrichtung für die graphische Darstellung des Aufpreßdruckes angebracht.

Die Abdichtung des Preßkolbens erfolgt zuweilen auch am Kolben; in diesem Fall ist der Preßzylinder glatt ausgebohrt und häufig mit einem Metall- oder auch Stahleinsatz ausgebüchst.

Die Zuleitung des Druckwassers findet zentral durch den Zylinderboden statt.

Zuweilen ist der Preßkolben als Differentialkolben ausgebildet und findet dann das Zurückziehen durch hydraulischen Druck statt, während für das rasche Anstellen die Druckpumpe mit einem zweiten, größeren Kolben, dem sog. Füllkolben, versehen ist.

Spitzner.

Abb. 87 a u. b.
Abb. 88 a u. b.
Abb. 89 a.
Abb. 89 b.
Abb. 89 c.
Abb. 90.
Abb. 91.